Eine im Jahr 2011 durchgeführte Studie unter 24 Usability-ExpertInnen aus drei Ländern (China, Dänemark und Indien) fasst den Begriff Usability weitreichender und unterscheidet ihn nicht von User-Experience. (Vgl. Hertzum/Clemmensen, 2012, S. 26ff. DIN EN ISO 9241-210, 2010, S. 3.) Dennoch gibt es per Definition Unterschiede: Durch User-Experience-Design erhalten NutzerInnen ein Produkt oder System mit ihren gewünschten Anforderungen – Usability ermöglicht die Benutzbarkeit des Produkts oder Systems. (Vgl. Krannich, 2010, S. 121.) Der Begriff Benutzererlebnis wird seit wenigen Jahren in der eigenen ISO-Norm 9241-210 „Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme“ definiert:
„User experience: Person’s perceptions and responses resulting from the use and/or anticipated use of a product, system or service.“ (DIN EN ISO 9241-210, 2010, S. 3.)
Der Ausdruck User-Experience wurde besonders von Donald Norman geprägt – in der Zeit, als er für die Forschung bei Apple Inc. zuständig war. Das folgende Zitat aus dem Jahr 1998 begründet die Bedeutung des Begriffs:
I invented the term because I thought human interface and usability were too narrow. I wanted to cover all aspects of the person’s experience with the system including industrial design graphics, the interface, the physical interaction and the manual. Since then the term has spread widely, so much so that it is starting to lose it’s meaning. (http://www.adaptivepath.com/ideas/e000862 [Stand: 05.06.2013])
In einer weiteren Untersuchung aus dem Jahr 2009 wurden 275 User-Experience ForscherInnen als auch AnwenderInnen zum Thema User-Experience befragt. Diese ExpertInnen sind überwiegend der Meinung, dass User-Experience während einer Interaktion gemessen werden sollte, User-Experience nicht dauerhaft stattfindet bzw. sich ständig ändern kann und User-Experience abhängig vom Kontext ist, in welchem die Nutzung stattfindet. (Vgl. Law et al., 2009, S. 722.)
User-Experience setzt sich zum Ziel, Erlebnisse gezielt zu schaffen oder zu ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen die NutzerInnen und deren Erlebnisse, nicht das Produkt. Oftmals wird deshalb auch von „Human Centered Design (HCD)“ gesprochen. User-Experience verknüpft Handeln, Fühlen und Denken. Usability wird definiert als etwas Objektives, wohingegen Erleben als subjektiv empfunden wird. (Vgl. Hassenzahl/Eckoldt/Thielsch, 2009, S. 233f.)
Erfahrungen, Einstellungen, Erwartungen und individuelle Fähigkeiten haben Einfluss auf den psychischen und physischen Zustand der NutzerInnen, welcher wiederum für die Benutzung bedeutend ist. Auswirkung hat auch der erwähnte Nutzungskontext. Lag der Fokus in den frühen Phasen der Mensch-Computer-Interaktion auf dem Computer als Instrument, so hat sich diese Ansicht im Laufe der Jahrzehnte gewandelt. Wie NutzerInnen Anwendungen oder Systeme erleben, hängt von mehreren Faktoren ab, die über jene der Gebrauchstauglichkeit hinaus gehen. Das Benutzererlebnis bezieht sich nicht nur auf Wahrnehmungen und Reaktionen (inkl. Emotionen, Vorstellungen und Vorlieben) während der eigentlichen Nutzung (= Usability), sondern auch auf solche vor und nach der Anwendung, wie in obiger Abbildung ersichtlich ist. (Vgl. Heinecke, 2011, S. 33.)
Erfahrungen, Einstellungen, Erwartungen und individuelle Fähigkeiten haben Einfluss auf den psychischen und physischen Zustand der NutzerInnen, welcher wiederum für die Benutzung bedeutend ist. Auswirkung hat auch der Nutzungskontext. (Vgl. Heinecke, 2011, S. 33.) Werden Emotionen bei der Benutzung von Produkten oder Systemen geweckt, so findet eine bessere Bedienung statt, da eine Identifikation mit dem Produkt oder System erfolgt. Fehlende Usability kann durch eine vorhandene Identifizierung das Fehlen kompensieren, umgekehrt funktioniert das nicht. Jene Disziplin, welche sich mit dem Wecken von Emotionen durch die Nutzung beschäftigt, wird als „Emotional Design“ bezeichnet. Wichtig ist ein gutes Verhältnis zwischen Usability und „Emotional Design“. (Vgl. Krannich, 2010, S. 125f.)
Lag der Fokus in den frühen Phasen der Mensch-Computer-Interaktion auf dem Computer als Instrument, so hat sich diese Ansicht im Laufe der Jahrzehnte gewandelt. Menschen und die Arbeitsaufgaben stehen nun im Mittelpunkt. Mit Aufkommen von mobilen Systemen, hat sich auch der Nutzungskontext verändert. Neben dem Benutzungserlebnis, spielt die Interaktion eine große Rolle. Die Interaktion ist die Verbindung zwischen NutzerInnen und Systemen, zum Beispiel die Berührung eines Bildschirms mit dem Finger. Die Methode, welche sich mit der Gestaltung der Eigenschaften und Form beschäftigt, wird als Interaction-Design (IxD) bezeichnet. Jene Disziplin, welche sich mit dem Verhalten von Produkten und Systemen sowie der Nutzung derer in der realen Welt beschäftigt, nennt man User-Experience-Design (UxD). (Vgl. Krannich, 2010, S. 125f.)
Neben einigen bereits erwähnten Aspekten, grenzt sich User-Experience gegenüber Usability durch folgende drei Punkte ab:
- Holistic (ganzheitlich): Usability konzentriert sich auf Aufgaben und deren Erledigung und bedient damit die pragmatische Sichtweise. User-Experience hingegen verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, was einen Ausgleich zwischen pragmatischen und hedonischen137 (wie Schönheit oder Stimulation) Gesichtspunkten bedeutet.
- Subjective (subjektiv): User-Experience setzt sich explizit mit der Thematik auseinander, wie AnwenderInnen Produkte erleben und bewerten. Es geht dabei nicht darum, ob ein Produkt objektiv als gut oder schlecht bewertet wird.
- Positive (positiv): Usability fokussiert sich mehrheitlich auf Probleme, Hindernisse oder Stress und wie diese Beispiele überwunden werden können. User-Experience betont die Wichtigkeit von positiven Ergebnissen der Nutzung oder des Besitzes, wie Nutzungsfreude, Stolz oder Begeisterung. (Vgl. Hassenzahl/Law/Hvannberg, 2006, S. 1f)
Vor allem der letzte Punkt wird immer häufiger diskutiert. Joy-of-Use bzw. der Spaß und die Freude an der Nutzung, sowie das Beachten von Emotionen bei der Nutzung von Produkten oder Systemen, zählen zu wichtigen Qualitätsaspekten. (Vgl. Burmester/Hassenzahl/Koller, 2002, S. 33.) Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht neben „Look“ und „Usability“ die Bedeutung der Nutzungsfreude im Kontext der User-Experience.
Quellen:
Hertzum, Morten/Clemmensen, Torkil: How do usability professionals construe usability?, in: International Journal of Human-Computer Studies, 70, 1/2012, S. 26–42
Krannich, Dennis: Mobile Usability-Testing. Ein toolbasiertes Vorgehensmodell zum Rapid-Prototyping und Usability-Testing von Mobilen Systemen im originären Benutzungskontext, Bremen, Universität Bremen, Dissertation, 2010
DIN Deutsches Institut für Normung: Ergonomics of human–system interaction – Part 210: Human-centred design for interactive systems (ISO: 9241-210:2010), Berlin, 2010
http://www.adaptivepath.com/ideas/e000862 [Stand: 05.06.2013]
Law, Effie L.-C. et al.: Understanding, scoping and defining user experience: A survey approach, in: Olsen, Dan R. u.a. (Hrsg.): Proceedings of the SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems, New York, 2009, S. 719–728
Hassenzahl, Marc/Eckoldt, Kai/Thielsch, Meinald: User Experience und Experience Design – Konzepte und Herausforderungen, in: Brau, Henning (Hrsg.): Usability Professionals 2009. Berichtband des siebten Workshops des German Chapters der Usability Professionals Association e.V., Stuttgart, 2009, S. 233–237
Heinecke, Andreas M.: Mensch-Computer-Interaktion (X.media.press), Berlin, 2011
Hassenzahl, Marc/Law, Effie L.-C./Hvannberg, Ebba T.: User Experience – Towards a unified view, in: Law, Effie L.-C./Hvannberg, Ebba T./Hassenzahl, Marc (Hrsg.): NordiCHI 2006, Oslo: The 2nd COST294-MAUSE International Open Workshop User eXperience – Towards a unified view, 2006, S. 1–3
http://www.katzenbergdesign.net/Agentur-Ravensburg/blog/?p=76 [Stand: 14.06.2013]